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Holger Schepler erfüllte sich einen Traum

, von Imke Kuhlmann

Holger Schepler hegt und pflegt die Oleander im Innenhof des Schlosses. FOTO: Imke Kuhlmann

Reinbek – Erst kurz vor der Wende kam der 54-jährige nach Westdeutschland mit einer Ausbildung als Motorenschlosser und -bauer sowie einer zweiten Ausbildung als Restaurantfachmann in der Tasche. Schnell fand der Vater zweier erwachsener Kinder einen Job in der Gastronomie in Hamburg. Ein Wochenendausflug führte Holger Schepler am Reinbeker Schloss vorbei, das damals schon ein Restaurant beherbergte. Schnell war klar, hier wollte er hin. Nur wenige Tage später heuerte er beim Pächter an und bediente nur wenige Wochen später dort die Gäste. Das war 1989.

Das Interesse an historischen Gebäuden wuchs in seiner Kindheit. Die gotische Kirche in Wattmannshagen bei Güstrow hatte für ihn schon länger eine besondere Bedeutung, denn seine Brüder durften dort die Glocken läuten. »Das wurde noch von Hand gemacht. Wir mussten erstmal alle Treppen hoch laufen, um zur Glocke zu kommen«, erinnert er sich. Lange musste er warten, bis er als Jüngster endlich an der Reihe war. Als dann der ersehnte Tag kam, war er überglücklich. »Hochzeitspaare mussten warten, bis ich aus der Schule kam und die Glocken erklingen lies«, erinnert er. Eines Tages besuchte der Regierungsbaumeister diese Kirche und weihte ihn bei einem Rundgang in die Geheimnisse des Baus ein. Gewölbe, Balken-Einritzungen und Baustil faszinierten ihn sofort. Was erst »nur« eine Kirche war, wurde nun für ihn ein ganz besonderes Gebäude. Sein Interesse für historische Bauten war geweckt und er hat es bis heute nicht verloren. Im Urlaub wandelt er gern auf den Spuren historischer Anlagen. »Vor der Corona-Pandemie bin ich gern nach Marokko gereist und war immer wieder beeindruckt, wenn ich durch alte Stadtmauern ging und dahinter verborgene prächtige Gartenanlagen entdeckte«.

Im Jahr 2002 wurde der Posten des Hausmeisters frei. Holger Schepler griff zu und hat es bis heute nicht bereut. Schepler ist gern für andere da. Die Verbindung von historischem Gebäude mit der täglichen Arbeit war für ihn die ideale Kombination. Handwerker betreuen, Veranstaltungen begleiten, Bestuhlung vorbereiten aber auch kleinere Handwerksarbeiten ausführen und täglich alle technischen Anlagen überprüfen – all das zählt zu seinen Aufgaben. Die Nähe zum Schloss besiegelte er auch wohnlich. Noch heute lebt er unweit des Schlosses. Besonders liebt er seinen morgendlichen Arbeitsrundgang. Dann verweilt er einen kurzen Moment am Schlossteich, wenn alles noch so ruhig ist.

Geschichten aus seinem Arbeitsleben kann er in Hülle und Fülle erzählen. Vom Filmdreh »Der Millionär« mit dem Schauspieler Jan Fedder oder von den Begegnungen mit den Politikern Richard von Weizäcker und Björn Engholm. Er mochte die Authentizität dieser Menschen.

Aber es gab auch anderes. So wunderte sich einer der Schlossmitarbeiter eines Tages, als er hunderte von weißen Kügelchen in zugänglichen Teilen des Schlosses entdeckte. Dem Grund dafür kam niemand auf die Spur, die Übeltäterin wurde hingegen ertappt und des Schlosses verwiesen. Wer weiß, der ein oder andere Besucher hätte es vielleicht für Kunst gehalten.

Oder als eines Tages unangekündigt ein angeblicher Nachkomme der russischen Zarenfamilie vor der Tür stand und umgehend sein Zimmer beziehen wollte. Nur mit Überzeugungskraft und einem energischen Vorgehen ließ sich der Mann abweisen. Jedoch gab er damit keine Ruhe und zog vor Gericht, denn er wähnte das Schloss als sein Eigentum.

Mitte September wird im Schloss der letzte Dreh von »Lieb und Teuer« stattfinden. Moderatorin Janin Ullmann lud dazu interessierte Zuschauerinnen und Zuschauer regelmäßig ein, in Kunstsprechstunden kostenlos den Wert ihrer Antiquitäten von Experten schätzen zu lassen. Die NDR-Serie läuft aus. Aber Schepler ist auch beim letzten Mal dabei. Und das war er auch, als der Film Dornröschen im Schlosshof gedreht wurde, und er mitgeholfen hat, die Rosengirlanden unter den Fenstern anzubringen. In seiner Verantwortung liegt es, dass das Schloss nicht beschädigt wird. Dazu gehört auch, dass beispielsweise bei Ausstellungen keine Nägel in die Wände geschlagen werden. »Das geht natürlich nicht«, sagt er. Das muss er konsequent untersagen.

Die Schließung im Corona-Lockdown hat er genutzt alles aufzuarbeiten, was im Alltagsgefecht mal liegen bleibt. Aufräumen, wozu oft die Zeit fehlt, gehörte dazu. Und so fand sich auf dem Dachboden ein zehn Jahre lang verschollenes Bild wieder an.

Vor 18 Jahren begann Holger Schepler im Schloss mit seiner Tätigkeit als Hausmeister und hat sich damit einen Traum erfüllt. Heute noch ist es für ihn der schönste Arbeitsplatz, den er sich vorstellen kann. Wenn irgendwann mal etwas mehr Zeit in seinem Leben sein wird, möchte er einen Segelschein machen. »Mein Sohn hat gerade ein Segelboot gekauft«.


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