Armutsbericht

Jedes 10. Kind unter 15 Jahren in Reinbek lebt in Armut

, von Susanne Nowacki ­

Reinbek – Im Juni hatte sich der Sozial- und Schulausschuss mit dem umfangreichen Reinbeker Armutsbericht befasst, der mit externer fachlicher Unterstützung erarbeitet wurde. Der Ausschussvorsitzende Tomas Unglaube (SPD) legte nun in der Stadtverordnetenversammlung den Ausschussbeschluss vor, dass die Stadtverwaltung aufgefordert wird, angesichts der vielfältigen Empfehlungen Armutsindikatoren zu erarbeiten und alle zwei Jahre eine Fortschreibung des Armutsberichts vorzulegen.

In Reinbek leben 760 (9,8 Prozent) Kinder unter 15 Jahren in Armut. 1,7 Prozent der Senioren leben in Altersarmut. Die Dunkelziffer wird höher vermutet. 2018 bezogen 208 Personen Grundsicherung im Alter ab 67 Jahren.

Andreas Christiansen von den GRÜNEN sieht angesichts der erhobenen Daten und Handlungsempfehlungen des Armutsberichts eine soziale Herausforderung für die Kommune. Kurz zuvor hatten die Stadtverordneten 100.000 Euro Mittelkürzungen beim Außengelände der Gemeinschaftsschule beschlossen. Dabei sei das frei zugängliche Gelände für Kinder aus Familien, die keinen eigenen Garten haben, sehr wichtig, betonte Christiansen. Aber er erkennt auch einen Lichtblick, weil in Reinbek beim Mittagsessen im Offenen Ganztag maximal für ein Kind zu zahlen ist. »Es ist wichtig, dass alle Kinder an dem gemeinsamen Essen teilnehmen können.« Darüber hinaus sieht Christiansen im Armutsbericht viele gute Ansätze, die nun in der Reinbeker Politik umgesetzt werden sollten. »Wir tun gut daran, das Zusammenleben zu verbessern und kleinkarierte Debatten endlich zu beenden«, forderte Christiansen seine Kollegen in der Stadtverordnetenversammlung auf.

Auch die neue Stadtverordnete Cathrin Pohl von FORUM21 ist froh, dass der Bericht endlich vorliegt als Ausgangspunkt für weitere Beratungen zur Umsetzung des Bildungs- und Teilhabeprogramms in Reinbek. Pohl betonte: »Corona kann Armut verstärken durch Kurzarbeit oder Insolvenz. Wir sehen erheblichen kommunalpolitischen Handlungsbedarf und hoffen auf Unterstützung im Sozialausschuss.«

CDU-Fraktionsvorsitzender Patrick Ziebke sieht neben der Stadt aber auch Kreis, Land und Bund in der Pflicht, Armut zu bekämpfen. »Wir sollten an alle Parteien appellieren, hier mehr zu tun.« Ziebke wies den Vorwurf zurück, dass die Diskussion um die Kürzungen zum Schulgelände »kleinkariert« sei: »Es war gut, darüber zu beschließen, denn das eingesparte Geld wird in anderen Bereichen benötigt wie beim bezahlbaren Wohnraum.«

Angesichts steigender Anteile von Senioren und Alleinerziehenden in Reinbek sowie wachsender Einkommensungleichheiten der Haushalte gibt es einige Handlungsempfehlungen in dem Armutsbericht wie Essensangebote für Familien und Alleinstehende mit niedrigem Einkommen sowie kostenlose Mittagessensangebote für Kitas und Schulen auszubauen. Es sollte eine Anlaufstelle in Reinbek geben, die Menschen beim Ausfüllen von Anträgen unterstützen kann. Neue Pflegeplatzkapazitäten für Reinbeker und ihre Angehörigen sollten geschaffen werden sowie Unterstützungsangebote für Seniorinnen, die allein in ihren Wohnungen leben. Besuchsdienste für Seniorinnen könnten ausgebaut werden und durch die Schaffung einer Mitwohnbörse Bewohner großer Häuser und Zimmersuchende zusammengebracht werden. Gebraucht würde auch ein Konzept für ein selbstbestimmtes Leben im Alter sowie für ein digitalgestütztes Wohnen, da beide das Leben im Alter erleichtern würden. Eine Veranstaltungsreihe zu »Perspektiven für ältere Menschen in Reinbek« könnte einen Strauß von Angeboten einer breiten Bevölkerung vorstellen.

Der Armutsbericht regt außerdem die Gründung eines Kindersolidaritätsfonds an sowie die Staffelung von Beiträgen und Preisen für Vereine und Veranstaltungen.