Menschen bei uns

Wir sollten von der Natur lernen

, von Imke Kuhlmann

Joachim Karstens: »Tiere stellen Regeln auf und halten Grenzen ein, sonst gibt es Ärger«

Reinbek – Schon von Kindesbeinen an ist Joachim Karstens mit der Jagd vertraut. Sein Vater und seine Mutter waren Jäger. Sie besaßen eine Jagdhütte in Niedersachsen, in der die Familie nahezu jedes Wochenende verbrachte. Bereits im Alter von fünf Jahren hat er seinen Vater begleitet, wenn er den Wald inspizierte. Mit 15 machte er einen Jagdschein.

Heute kümmert sich der 58-jährige um sein eigenes Revier in Reinbek-Ohe, ein Feldrevier an der Straße Am Sportplatz. Im Gegensatz zum Waldrevier ist das Feldrevier geprägt durch viel freie Flächen. »Ich mag dieses Reviergebiet«, so Karstens. Es bietet Abwechslung für Wild und Jäger. Er hat extra ein Wildfeld angelegt, das besonders im Sommer Schutz für kleine Wildtiere bietet. Karstens ist durch und durch Naturmensch. Regelmäßig verschlägt es ihn und seine Frau Alexandra in ihre Datscha in der Lausitz, mitten im Nirgendwo. Er liebt es, wenn die Natur im Frühling erwacht. »Jede Jahreszeit hat ihren Charme, aber ich mag es besonders, wenn das Leben wieder neu beginnt. Die Kitze groß werden zu sehen macht mir Freude«, sagt er. Und dann seien es die besonderen Geräusche, wenn er nachts, vor Sonnaufgang oder in der Dämmerung in seinem Revier sitzt. Dort sitzt der Jäger oft allein auf weiter Flur und er genießt es. »Auf einmal kommt ein Waldkauz angeflogen oder die Rebhühner spazieren unter dem Hochsitz durch«, sagt er. Wir alle sollten mehr von der Natur lernen, auch im Umgang miteinander. Dabei beobachte er die Tiere ganz genau. »Tiere stellen Regeln auf und halten Grenzen ein, sonst gibt es Ärger«, sagt er.

Jagdreviere sind für Spaziergänger verboten, doch das scheinen viele Menschen zu ignorieren. Karstens ärgert sich darüber, denn es sei der Lebensraum der Tiere, für deren Schutz er verantwortlich ist. Hier schlafen und fressen sie und das möglichst ungestört. »Wir wollen ja auch nicht, dass die Wildschweine beim Essen mit am Tisch sitzen«, sagt er ironisch. Besonders ärgern ihn freilaufende Hunde, speziell in der Setz- und Brutzeit. Erst kürzlich habe er erlebt, dass ein Hund ein Reh gejagt habe, das verfing sich in einem Zaun und der Hund biss zu. Und er mahnt, dass Tiere, die verjagt werden, auch aus Panik auf die Straße laufen und Unfälle verursachen können.

Seine Aufgabe sei es in solchen Fällen, das Tier wieder von der Straße aufzulesen. Als Jäger ist er dafür zuständig, den Wildbestand zu pflegen und ihren Lebensraum zu erhalten. »Wenn die Wildschweine auf fremden Gebieten Schaden anrichten, bin ich verantwortlich«, sagt er. Zwölf Hinweisschilder hätten sie kürzlich aufgestellt, um die Menschen davon abzuhalten, das Gebiet zu betreten oder mit dem Fahrrad zu befahren. Doch die Hälfte sei schon wieder verschwunden. Kürzlich sah er eine Mutter mit Kindern an der Futterstelle von Wildschweinen picknicken. Dabei zeigen die Spuren auch unerfahrenen Menschen sofort, hier war Schwarzwild. »Ich habe für jeden Verständnis, der sich in der Natur aufhalten möchte, doch ich muss die Menschen wachrütteln, dass hier Tiere leben.

Zu seinen Aufgaben gehöre auch, Tiere zu töten, doch dies sei keine Willkür. Dennoch müsse er sich immer wieder Kritik dafür anhören. Gegenstimmen sagen, dass die Natur sich selbst regle. Das Bundesjagdgesetz sieht genau vor, wann ein Tier erlegt werden darf. Vergehen würden bestraft. Auch für die Übernahme des Reviers musste eine Prüfung abgelegt werden.

Für Karstens heißt Jagen, die Natur zu erleben. Es ist der Gegenpol zu seinem Beruf.

Joachim Karstens ist gelernter Schweißfachmann und seit 28 Jahren selbstständig. Die Jagd sei für ihn kein Hobby, sondern eine Passion. Für die meisten Kosten muss  er selbst aufkommen. Die Anlage des Wildackers, Nistkästen, die Ausrüstung oder die Versicherung trägt er selbst.

Die Jagd ist für ihn der ideale Ausgleich zu seinem anspruchsvollen Beruf, der ihn auch viel reisen lässt.

Privat ist er glücklich verheiratet und hat zwei erwachsene Töchter. Im Alltag begleitet ihn ein guter Freund: der Rottweiler Doolittle. Kumpel Sammy, der zweite Rottweiler im Hause Karstens, verbringt den Tag bei seiner Ehefrau.

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