Menschen bei uns

Entscheidungen treffen

, von Imke Kuhlmann

Als stellvertretender ASB-Landesvorsitzender übernimmt er Verantwortung für die Jugend

Reinbek – Viele Reinbeker kennen Gerd Prüfer als Politiker. Er ist Ortsvorsitzender der SPD in Reinbek, leitet den Schul- und Sozialausschuss und ist Kreistagsabgeordneter. Politisch engagiert er sich in Reinbek seit zwölf Jahren. Was viele nicht wissen, Gerd Prüfer ist seit 47 Jahren beim ASB (Arbeiter Samariter Bund) ehrenamtlich aktiv. Der Technische Bundesbahnbetriebsinspektor, der seit Mai dieses Jahres im Ruhestand ist, hat bereits im Alter von 18 Jahren dort mit seinem Engagement begonnen.

Mit 15 Jahren hat Prüfer die Schule gleich nach dem ersten Schulabschluss auf Wunsch seines Vaters verlassen. Er sollte früh in die Arbeitswelt einsteigen. Gerd Prüfer war nicht glücklich mit der Entscheidung, folgte aber dem Willen seines Vaters. Er nutzte jede Gelegenheit auf seinem beruflichen Weg, sich weiterzubilden und wurde Meister in der Telekommunikation. Prüfer war erst 23 Jahre alt, als er das Zeugnis in der Hand hielt.

Sein Engagement beim ASB war von Anfang an davon geprägt, selbstständig Entscheidungen zu treffen. Genau das fasziniert ihn bis heute. Früh leitete er den Ortsverein Hamburg Nordost mit 23.000 Mitgliedern. Seit 20 Jahren ist er stellvertretender Landesvorsitzender und für 64.000 Mitglieder zuständig. Prüfer sitzt zudem im Aufsichtsrat des ASB. »Das Ehrenamt ist vergleichbar damit, eine Firma zu führen«, sagt der 66-jährige. In der Wohlfahrtsorganisation in Hamburg arbeiten 1600 fest angestellter Mitarbeitender, 1000 Ehrenamtliche und 650 Schulsanitäter. Altenheime, ambulante und stationäre Pflege, Hausnotrufanschlüsse, Rettungswachen, Rettungshundeteams, Schulsanitätsdienste und Kindertagesstätten, das alles zählt zu den Dienstleistungen des Landesverbandes. Rund zehn bis 15 Stunden investiert Prüfer pro Woche für dieses Ehrenamt. Doch von Beginn an, liebt er diese Aufgabe. »In einem großen Konzern wie der Deutschen Bahn ist es schwierig,, schnell Entscheidungen treffen zu können, hier hatte ich immer den Freiraum dafür«, sagt er. Sein Herz schlägt für den ASB und dessen Zukunft. »Ich freue mich darüber, dass beim ASB viele junge Menschen arbeiten«, sagt er. Auch ehrenamtlich würde das Engagement bei jungen Menschen großgeschrieben und das in Zeiten, in denen ehrenamtliches Engagement nachlässt. In seiner Funktion als stellvertretender Landesvorsitzender übernimmt er Verantwortung für die Jugend. Aber ebenso der Wünschewagen liegt ihm besonders am Herzen. Der speziell konstruierte Krankentransportwagen dient dazu meist langgehegte Wünsche von Sterbenskranken zu erfüllen, wie beispielsweise eine letzte Reise ans Meer. Um Fahrten selbst begleiten zu können, hat Prüfer 2019 seine Prüfung als Sanitäter erneut abgelegt. Dies war Voraussetzung dafür. Über 5.000 Wünschefahrten hat der ASB in den letzten zehn Jahren an 23 Standorten durchgeführt. Das Engagement von Prüfer hierfür geht inzwischen über Deutschlands Landesgrenzen hinaus. Aktuell kümmert er sich darum, das Konzept in Osteuropa einzuführen. Nordmazedonien, Prag, Lettland oder Polen sind schon im Gespräch. Prüfer hat bei seinem Arbeitgeber nicht nur als Dozent für digitale Endgeräte gearbeitet, er weiß auch, worauf es ankommt, wenn Projekte koordiniert werden müssen. Wissen, dass ihm bei dem Ehrenamt zugutekommt.

Für Prüfer ist die Arbeit beim ASB mehr als ein Ehrenamt, es ist eine Art Job genau nach seinen Wünschen. »Ich mag es, dass ich Themen einfach angehen kann«, sagt er. Und zu den Themen gehört weiterhin, das Problem der Einsamkeit in der Gesellschaft anzugehen. »Immer mehr Menschen sind allein und das auch jüngere Menschen vor allem in der Altersgruppe ab 30 Jahren«, so Prüfer. Der ehemalige DB-Beamte will zudem Projekte weiterentwickeln, die Menschen mehr zusammenbringen. So freut er sich über die Kochkurse für diejenigen, die Lebensmittel bei der Lebensmittelausgabe des ASB abholen, um zu lernen, gesund zu kochen. Die Hamburger Tafel beliefert den ASB, da sie selbst hier keine Lebensmittel verteilen.

Über ein Theaterprojekt entstand SO YES (Summer of Young European Samaritan). Jeweils fünf junge Menschen aus sechs Ländern treffen sich für eine Woche in einem Camp, um verschiedene Bereiche zu bearbeiten. Umweltverschmutzung ins Bewusstsein vieler zu bringen, die Gleichberechtigung in Europa zu stärken wie auch junge Menschen für die Politik zu begeistern sind dort Themen. An einem Tag in der Campwoche gibt es das Parlamentspiel mit 30 jungen Menschen. Am Folgetag  dürfen die Teilnehmenden dann die Ergebnisse ihrer Diskussionen echten Politikern im Parlament vorstellen. Jugendliche können Politik so live erleben. Da passt es, dass Prüfer sich in der Politik auskennt. Doch sei es auf dem politischen Parkett manchmal aufgrund einiger Diskussionen etwas herausfordernder als beim ASB. »Ich mag die Parteigrenzen nicht. Sachpolitik ist mir lieber«, sagt er. Dennoch sei ihm dieses Engagement auch sehr wichtig.

»Ich muss immer etwas zu tun haben«, erklärt der frisch gebackene Ruheständler. Für ihn ist das ganze Engagement kein Stress, es ist sein Motor und macht ihn zufrieden. Er findet in seinem ehrenamtlichen Engagement genau das, was ihm im Beruf manches Mal gefehlt habe. Doch Gerd Prüfer kümmert sich auch um seine Gesundheit. Er macht regelmäßig Nordic Walking und entspannt beim Lesen. Gerd Prüfer lebt mit seiner Frau Gabriela in Reinbek und hat einen 42 Jahre alten Sohn.

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