Menschen bei uns

Ohne Engagement gibt es keine Veränderung

, von Imke Kuhlmann

Roland Mörschel wirft der Stadt vor, dass das 2015 für Reinbek erarbeitete Radverkehrskonzept bislang nicht umgesetzt worden ist.

Reinbek – »Ich wünsche mir, dass die Verkehrswende schnell kommt«, sagt Roland Mörschel. Der 70-jährige ist seit Januar Vorsitzender der Reinbeker ADFC (Allgemeiner Deutscher Fahrradclub)-Ortsgruppe. Für Mörschel ist das Fahrrad das Bewegungsmittel schlechthin, wenn-gleich er weiß, dass nicht für jeden und jede Situation das Zweirad immer das Mittel der Wahl sein kann. Darum müsse auch der Öffentliche Personennahverkehr ausgebaut werden. »Ich möchte meinen Kindern und Enkelkindern eine Welt hinterlassen, die lebenswert ist. Klima- und Umweltschutz stehen da ganz oben auf der Prioritätenliste«, sagt er. Darum tauscht er sich zudem intensiv mit der Klimaschutzinitiative Sachsenwald aus. In diese Welt passe das Auto nicht mehr in gewohnter Manier. Die Mobilität  müsse sich in verschiedenen Facetten ändern.

Öfter mal aufs Fahrrad umsteigen, wenn es möglich ist und lieber das E-Auto als den Ver-brenner nehmen, das wünscht sich Mörschel. Doch er sagt: »Ich fahre auch mit dem Auto, wenn es keine Alternative für die Situation gibt«. Dennoch müssten die Menschen umdenken. Jetzt gäbe es noch die Chance, das ein oder andere zu ändern. Und genau das ist sein Antrieb. Für Mörschel funktioniert Veränderung nur mit Engagement. Darum hat er sich bereiterklärt, Sprecher der Ortsgruppe des ADFC Reinbek zu werden. Um genau zu wissen, worüber er spricht, radelt er immer wieder die Wege in Reinbek ab und informiert sich über den Zustand. Und auch in die Themen des ADFC hat er sich akribisch eingelesen. Halbe Sachen mag er nicht.

Roland Mörschel wurde bei Hanau geboren und lebt seit 1988 in Reinbek. In seinen ersten Berufsjahren, die er bei der Bundeswehr bei der Gebirgsdivision und am Ende in der Eifel verbrachte, ist er häufig Fahrrad gefahren. Doch so ein richtiger Fahrradfreak wurde er erst, als er mit seiner Familie nach Reinbek zog. »Die Umgebung hier ist ideal zum Fahrradfahren«, so der studierte Betriebswirt. Mit den Nachbarn verbindet ihn und seine Frau Karin seit Jahren der ein oder andere Wochenendtrip per Zweirad. In den 1990er Jahren reiste er mit seiner Familie durch Deutschland. Durch die Heide bis zur Weser über den Weserradweg, nach Hannoversch Münden und weiter über Bad Hersfeld bis nach Frankfurt. Im nächsten Jahr von Frankfurt über die Romantische Straße bis Mittenwald, natürlich mit dem Fahrrad. Sein Sohn war damals zehn, seine Tochter acht Jahre alt. Seinen Sohn hat Mörschel mit der Leidenschaft für das Fahrrad angesteckt. Er ist sogar beruflich in der Fahrradbranche unterwegs. »Das ist äußerst praktisch, denn er repariert jetzt immer mein Fahrrad«, sagt der Ruheständler.

Auch heute noch gehe es in der Regel mit dem Fahrrad in den Urlaub, ins Saarland genauso wie ins Maingebiet, immer in Deutschland. Da können schon mal 70 Kilometer Fahrstrecke  am Abend auf dem Kilometerzähler stehen. Einzige Ausnahme für einen anderen Urlaub ist, wenn Mörschel sich für einen Urlaub in die Berge mit Bergsteigen und Wandern entscheidet. Sechs bis acht Stunden ist der fitte 70-jährige dann unterwegs. Zum Glück mit seiner Frau an der Seite, die seine Hobbies mit ihm teilt. Um fit zu bleiben, betreibt er täglich Krafttraining und macht Dehnübungen.

Sein ehrenamtliches Engagement nahm so richtig an Fahrt auf, als er 2016 sein Unternehmen in der Wohnungs-und Grundstückswirtschaft verkaufte und er mehr Zeit hatte. Das 2015 für Reinbek erarbeitete Radverkehrskonzept, dass mit großer Unterstützung seines Vorgängers  Joachim Becker erstellt wurde, ist bislang nicht umgesetzt worden, das ärgert ihn. Aktuell sei es immer noch. »Warum geht es mit den Velourouten nicht voran?«, fragt er.

Seinen Unmut bringt Mörschel in den Bürgerfragestunden der politischen Ausschüsse zum Ausdruck. »Und ich werde immer wieder nachfragen«, ergänzt er. Er möchte sich Gehör verschaffen, bei der Politik genauso wie bei der Verwaltung. Auch der »Runde Tisch Rad« würde bislang nicht den Erfolg haben, den sich die Beteiligten wünschen. Das Versprechen, sie in Entscheidungen, die den Radverkehr beträfen, mit einzubeziehen, würde nicht konsequent eingehalten. Jetzt solle ein neues Radkonzept her. Das neue Konzept wird seiner Auffassung nach Politik und Verwaltung vor die gleichen Probleme stellen wie das Alte.

Engagement ist dem 70-jährigen wichtig. »Nur wer sich einsetzt, kann etwas bewegen«, sagt er. Am ADFC gefällt ihm die Vielfältigkeit: Informationen über das Fahrrad, Einsatz für die Verkehrswende oder auch Fahrradtouren zu organisieren. Zudem werden Fortbildungen angeboten. Aber vor allem passen die Ziele des Vereins mit seinen persönlichen zusammen. Mörschel unterstützt die Essensretter »Food Watch« sowie »Campact«, eine Onlineplattform, die sich als Bürgerbewegung für progressive Politik bezeichnet.

Wenn Roland Mörschel  noch etwas Zeit übrig hat, liest er gern. Sachbücher müssen es sein. Für den nächsten Urlaub hat er sich »Der Supermarkt-Kompass« von Thilo Bode vorgenommen. Der ehemalige Greenpeace-Geschäftsführer schreibt über den »Billigwahn« und die Wertschätzung von Lebensmitteln.

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