Menschen bei uns

Wenn aus Sprache Freundschaft wird

, von Imke Kuhlmann

Maryam Haidary (links) und Alya Habib sind durch den Deutschkurs unzertrennlich geworden

Reinbek – 2019 besuchte Alya Habib, die einige Jahre zuvor aus Syrien nach Deutschland kam, einen Deutschkursus in der Begegnungsstätte in Neuschönningstedt. Dort lernte sie die 37-jährige Maryam Haidary kennen, die ihre Wurzeln in Afghanistan hat. Die beiden Frauen vereint so manches in ihren Leben. Doch die Sprache wäre immer die Barriere für eine Freundschaft gewesen, hätten sie nicht denselben Deutschkursus belegt.

Alya und Maryam mochten sich auf Anhieb. »Alya ist mir aufgefallen, weil sie immer so fröhlich ist und so viel Energie hat«, sagt Maryam Haidary, die Mutter von drei Kindern im Alter von fünf, elf und siebzehn Jahren ist. Aylan Habib, die zwei Kinder im Alter von vier und sieben Jahren hat, bestätigt das. »Wir haben von Anfang an viel zusammen gelacht, da habe ich sie gefragt, ob sie meine Freundin werden möchte«, sagt die 28-jährige. Maryam wollte und sie sind Freundinnen geblieben.

Die deutsche Sprache hat die beiden verbunden und eine Brücke zueinander gebaut. In ihren Heimatsprachen hätten sie sich nicht verständigen können. Doch nun konnte aus ihrer  gegenseitigen Sympathie über die Jahre eine große Freundschaft werden, die ihnen gegenseitig Kraft gibt. Sie beide haben einen beschwerlichen Weg aus ihrer Heimat hinter sich. 2015 sind sie geflohen.

Alya Habib kam im Alter von 21 Jahren nach Deutschland. Sie war im sechsten Monat schwanger und hat mit ihrem Ehemann den beschwerlichen Weg von Syrien mit dem Boot und zu Fuß durch verschiedene Länder auf sich genommen, um in Deutschland Sicherheit zu finden. Der Weg war außerordentlich beschwerlich, doch die kleine Familie hat es geschafft, auch wenn Alya zwischendurch beinahe aufgegeben hätte. Inzwischen sind sie zu viert und haben in Reinbek Fuß gefasst. Omar Alsalamek, Alyas Ehemann, arbeitet als Metallschleifer. Die junge Frau hatte in ihrer Heimat eine Ausbildung als Krankenschwester begonnen, sie aufgrund der Gegebenheiten jedoch abgebrochen.

Auch Maryam Haidary hat 2015 mit ihrer Familie den mühsamen Weg der Flucht bewältigt. Mit zwei Kindern haben sie und ihr Mann sich ebenso zu Fuß durch die unterschiedlichen Länder auf den Weg nach Deutschland gemacht. Über Griechenland kamen sie nach Frankfurt, bis sie in Hamburg landeten. Maryam wird diese furchtbare Zeit nie vergessen. Die inzwischen fünfköpfige Familie lebt in Neuschönningstedt. Reza Nabizada, Maryams Ehemann, absolviert gerade ein Praktikum, da er als Mechatroniker arbeiten möchte. »Ich bin glücklich hier zu sein, auch wenn ich meine Familie und meine Freunde in Afghanistan vermisse«, so Maryam. Das bestätigt die junge Syrerin Alya. »Doch ich bin dankbar für das Leben hier«, sagt sie. Und sie weiß zu schätzen, welche Chancen sich hier bieten. So hat sie das Fahrradfahren gelernt und einen Schwimmkursus besucht. »In Syrien wäre das nicht möglich gewesen«.

Die Frauen ähneln sich sehr. Sie beide sind trotz der Erfahrungen, die hinter ihnen liegen, positiv und aufgeschlossen für ihr neues Leben. Maryam erinnere sie an ihre  Schwester, sagt Alya. Gerade machen beide ihren Führerschein und möchten arbeiten, wenn die Kinder groß genug sind.

Die beiden verbindet inzwischen eine tiefe Freundschaft, die nur funktioniert, weil sie beide die deutsche Sprache erlernt haben. Sie sehen darin eine große Chance. »Wir sprechen nur Deutsch, damit wir immer besser werden«, sagen beide. Ohne die gemeinsame Sprache hätten sie nicht zueinander gefunden. Außer in der Familie sprechen sie ausschließlich Deutsch. Für sie ist die Sprache eines der wichtigsten Wege, um sich in Deutschland zu integrieren. Ihre Kenntnisse können sich sehen lassen, dennoch haben sie beide vor, auch das nächste Zertifikat abzulegen.

Am Telefon hatten die beiden sich auf die Deutschprüfung vorbereitet. Auch heute noch telefonieren sie viel und treffen sich, trinken zusammen Tee und teilen ihre Gedanken. »Es ist so schön, eine Freundin wie Alya zu haben«, sagt Maryam Haidary. Das gleiche sagt Alya von Maryam. Regelmäßig sehen sie sich zudem im Internationalen Frauencafé in Neuschönningstedt. An jedem Freitag von 15.30 bis 17.30 Uhr gibt es hier einen Klönschnack und weitere Aktivitäten für Frauen und Kinder.

Und auch mit Blick auf ihre Zukunft sind die beiden sich einig: »Wir haben hier viele Möglichkeiten«, sagen sie. Sie möchten bleiben. Und so verbindet sie das selbe  Lebensmotto: »Wir schaffen das«, da sind sie sich sicher.

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