Menschen bei uns

»Ich schaue immer nach vorne, nicht nach hinten«

, von Imke Kuhlmann

Yunes Yaqob: »Letztendlich ist die Sprache der Schlüssel zur Integration.«

Reinbek – Drei Monate war Yunes Yaqob unterwegs, um aus dem Jemen nach Deutschland zu kommen. Begleitet wurde er von seinen älteren Geschwistern, die damals 30 und 35 Jahre alt waren und seinem damals 24 Jahre alten Cousin. Yunes war gerade 18 Jahre alt. Seine Eltern blieben im Jemen, ihnen war das Risiko, das eine Flucht mit sich bringt zu groß. Sechs Jahre ist das inzwischen her.

Seit Januar ist der 24-jährige Geselle bei dem Karosseriebauer und Lackierfachbetrieb Peters in Schönningstedt. Er hat eine eigene Wohnung, engagiert sich bei der freiwilligen Feuerwehr im Ort und liebt sein Hobby Kung Fu. Doch der Weg dahin war kein leichter. Yunes Yaqob hat trotz aller Widrigkeiten seinen positiven Blick nie verloren. Er glaubt fest daran, wer positiv in die Zukunft schaut, wird diese auch positiv erleben.

Mühsam und anstrengend ging es von Sanaa (Hauptstadt Jemen) über Libyen nach Italien. Von München kam er zum Ankunftszentrum nach Neumünster. Über Bad Oldesloe ging es für ihn nach Reinbek, wo er zuerst im Untergeschoss des Rathauses unterkam. Seine oberste Priorität war, so schnell wie möglich Deutsch zu lernen. Die ehemalige Schulleiterin Marina Umlauff engagierte sich bereits damals in der Migrationshilfe und unterrichtete den jungen Jemeniten in Deutsch.

Da Yunes aus einem Land kam, dass ihm damals kein Asylrecht verschaffte, sollte er nach kurzer Zeit zurück nach Italien. Doch der junge Mann wollte in Deutschland bleiben und so ging es erstmal ins Kirchenasyl in Schönningstedt. »Wir empfanden es regelrecht unmenschlich ihn zurückzuschicken, weil wir überzeugt waren, dass er es schaffen konnte«, so die 64-jährige Marina Umlauff.

Schnell entdeckte Yunes Yaqob seine Leidenschaft für Kung Fu, eine Kampfkunst, die von Mönchen des Shaolin-Klosters (China) entwickelt wurde. In der Sportgruppe lernte er Dirk Bender, den stellvertretenden Wehrführer der Freiwilligen Feuerwehr im Ort, kennen. Der Beginn einer großen Freundschaft, die sich bis heute auf die gesamte Familie Bender erstreckt. Über den 54-jährigen Ingenieur führte ihn sein Weg weiter zur Freiwilligen Feuerwehr, bei der er sich noch heute engagiert. Mit Interesse und Begeisterung stellte sich der heute ausgebildete Karosseriebauer immer neuen Herausforderungen. Und damit nicht genug, über seine offene und interessierte Art spannte sich immer weiter ein Netzwerk um ihn herum, das ihn dahin brachte, wo er heute steht.

Bei der Freiwilligen Feuerwehr lernte Yunes Yaqob Claus Brettner kennen, Geschäftsführer der Peters GmbH. Als der Landrover von Dirk Bender in die Reparatur musste, begleitete ihn der Autofan Yaqob in die Werkstatt. Bereits im Jemen hat er als Mechaniker gearbeitet und seine Leidenschaft für Autos entdeckt. Und wieder einmal sollte das für ihn eine wegweisende Begegnung sein. Der Ausbilder Evgeniev Kraus traf auf den jungen Jemeniten. Ein Praktikum bahnte sich an und danach war klar, Yunes Yakob bekam das Angebot, im Unternehmen seine Ausbildung zum Karosseriebauer zu beginnen. Im August 2017 ging es los. Seit Juni hatte er bereits seine eigene Wohnung. Stets begleitet von Familie Bender. Vor allem Ehefrau Heidrun kümmerte sich auch um alltägliche Dinge. Sie war es, die beim Vermieter ein gutes Wort für ihn einlegte.

Das Sprachniveau B1, was eine gute Kenntnis der deutschen Sprache bedeutet, hatte er inzwischen in der Tasche. Den Führerschein hat er inzwischen ebenso in der Tasche. Da seine jemenitische Fahrerlaubnis in Deutschland nicht anerkannt wurde, musste er in Deutschland nochmal ran. »Vor allem die Verkehrszeichen und die theoretische Prüfung waren schwierig«, sagt er. Doch mittlerweile findet er sich im deutschen Straßenverkehr bestens zurecht.

Seit dem Januar diesen Jahres ist Yunes Yaqob nun Geselle. In der Firma fühlt er sich wohl. Mit seinen Kollegen ist er zu einem Team zusammengewachsen. Mit den Familien Umlauff und Bender kocht er regelmäßig. Der junge Mann mag es, am Herd zu stehen, doch dann sind es seine heimischen Gerichte, die er auf den Teller bringt. Mandi ist seine Lieblingsspeise, ein Gericht mit gut gewürztem gegrillten Lamm und Reis.

Inzwischen ist auch Deutschland für ihn ein Stück Heimat geworden. »Manchmal träume ich schon in der deutschen Sprache oder es fehlen mir im Gespräch mit meiner Familie die arabischen Worte«, sagt er. Seine Eltern hat er seit seiner Flucht nicht mehr persönlich gesehen. »Wir telefonieren öfter und wenn die Leitungen es hergeben, sehen wir uns dabei auf dem Bildschirm«.

Letztendlich sei die Sprache der Schlüssel zur Integration, so seine Meinung.

Yunes Yakob rät allen Menschen, die durch die Flucht nach Deutschland kommen, in die Zukunft zu denken. »Eine Ausbildung ist das A und O«, sagt er. Auch seine eigene Zukunft hat Yunes Yaqob im Blick. Er möchte eine Familie gründen. »Ich bin vor allen den Familien Umlauff und Bender, die mich auf meinem Weg unterstützt haben, unglaublich dankbar«, sagt er. Und das beruht auf Gegenseitigkeit. »Die Unterstützung bereichert unser Leben«, so Heidrun Bender. Und Marina Umlauff sagt: »Wir lernen immer selber dazu, über die Menschen, das Land und die Kulturen«

Mehr zum Thema