Menschen bei uns

Annika Heupel brennt für große Maschinen

, von Imke Kuhlmann

Annika Heupel: »Wenn keiner sich mehr in dieses Ehrenamt einbringen will, haben wir ein Problem«

Reinbek – Wenn Annika Heupel die Maschinen anschmeißt, dann weiß sie genau, wie was funktioniert. »Mich hat Technik schon immer interessiert«, sagt die 27-jährige. Die gebürtige Hessin ist Krankenschwester auf der Schlaganfallstation. Ausnahmesituationen kennt sie daher gut.

Das Feuerwehrgen liegt in ihrer Familie. »Mein Opa war bei der Feuerwehr, meine Eltern sind es, mein jüngerer Bruder und auch mein Cousin sind Feuerwehrleute. Sie alle sind überzeugte Feuerwehrleute«, sagt sie. Doch für Annika war der Weg zu den Brandbekämpfern nicht immer klar. »Ich bin erst mit 13 Jahren Mitglied bei der Jugendfeuerwehr geworden«, sagt sie. Dabei können Kinder bei der dortigen Wehr bereits mit zehn Jahren in der Nachwuchsgruppe starten. Doch bei Annika war der Funke noch nicht übergesprungen. Auch wenn die Feuerwehr zuhause zum Familienalltag gehörte. Ihr Interesse wuchs erst später. Heute kann sie es sich gar nicht mehr vorstellen, nicht dabei zu sein. »Wenn keiner sich mehr in dieses Ehrenamt einbringen will, haben wir ein Problem«, sagt sie. Sie wolle schließlich ebenso, dass ihr in einer Gefahrensituation geholfen würde.

Die junge Frau möchte Menschen helfen. Im Beruf und in ihrer Freizeit, denn das Ehrenamt übt sie in ihrer Freizeit aus. Eines ihrer größten Motive für die Feuerwehr war und ist ihre Neugier an Technik. Das sei schon immer so gewesen und noch weiter gewachsen. »Ich nehme die Dinge gern selber in die Hand«, sagt sie. Und so verlegt sie nicht nur den Boden in ihrer Wohnung selbst, auch baut sie selbst den Computer auseinander, wenn etwas nicht funktioniert.

Auch bei der technischen Ausrüstung der Feuerwehr fuchst sie sich hinein. »Die Schaltfläche am Löschfahrzeug beispielsweise hat so viele Knöpfe und wenn ich die richtigen drücke, kommt das Wasser aus dem Schlauch«, sagt sie. Sie wollte verstehen wie das funktioniert, denn schließlich steckt einiges an Technik hinter dem scheinbar einfachen Vorgang. Große Unterstützung erfuhr sie von ihrem Vater, der ihr technisches Interesse immer förderte. Vielleicht gerade, weil sie ein Mädchen ist und Vorurteile, dass Technik nichts für Mädchen sei, sich beharrlich halten. Wenn sie die Maschinen bedient gäbe es schon mal Verwunderung, sagt sie. Das beobachte sie ebenso, wenn Frauen an der Fahrerseite aus dem Einsatzfahrzeug stiegen. Es gäbe eben noch Vorurteile, das Frauen so etwas nicht können. Jedoch nicht bei den Kameraden. Da würde immer mit Respekt und einem großen Gemeinschaftssinn miteinander umgegangen. »Im Gegenteil, hier kann jeder immer auf Unterstützung zählen, auch wenn es im Einsatz mal etwas rauer im Ton sein kann«, so Annika Heupel. »Ich möchte Mädchen und Frauen nur empfehlen, sich gegenüber technischen Themen zu öffnen«, sagt sie. Nicht nur, weil es spannend sei, sondern weil es darüber hinaus das Selbstbewusstsein stärke, sich auszukennen.

Bei der Feuerwehr hingegen gäbe es kein Rollendenken. »Jeder hat immer das Team hinter sich«, so Annika Heupel. Das sei ihr schon bei ihrem ersten Einsatz aufgefallen. »Es war ein Brand in einem Mehrfamilienhaus in Wentorf und jeder hat mir geholfen als ich dabei für die Licht- und Wasserversorgung zuständig war«, erinnert sie.

Inzwischen ist sie Hauptfeuerwehrfrau, einem höheren Rang. Sie hat den Maschinistenlehrgang bereits erfolgreich absolviert, ist zudem Atemschutzträgerin und darf somit Gebäude betreten, die stark verraucht sind. Zudem ist sie Brandschutzerzieherin. Die Hauptfeuerwehrfrau bringt Kindern oder Senioren das richtige Verhalten im Falle eines Brandes bei.

Was ihr zudem gefällt ist die Berufsvielfalt der Kamerad:innen. Jeder brächte sich so auf seine Weise mit seinem Wissen ein. Inzwischen sind acht Frauen an der Wache aktiv. Einige fahren die Löschfahrzeuge. Das ist auch ihr nächstes Ziel, den Führerschein für die großen Feuerwehrautos zu machen. »Frauen sind nicht anders, nicht schwächer. Wir machen die gleiche Arbeit. Es wäre schön, wenn noch mehr Mädchen und Frauen sich für die Feuerwehr und gerade für den technischen Bereich interessieren würden«, sagt sie. Die Gesellschaft müsse lernen, dass Männer oder Frauen das Gleiche können. Technikverständnis sei keine Frage des Geschlechts. Annika Heupel möchten Mädchen und Frauen Mut machen.

Rund zehn Einsätze absolviert sie durchschnittlich im Monat. »Ich habe vor jedem Einsatz Respekt, denn ich bin mir bewusst, was die Situation für die betroffenen Menschen und auch für mich selbst bedeutet.« Angst kenne sie allerdings nicht. Doch sie freue sich, über die Wertschätzung anderer für ihr ehrenamtliches Engagement und das der gesamten Mannschaft. Sie beobachtet ein wachsendes Bewusstsein der Menschen für das Engagement. Sich nicht einzubringen kann Annika Heupel sich nicht vorstellen, egal ob Weihnachten, Silvester oder am eigenen Geburtstag. »Sie erinnert sich dabei an ihre Kindheit, als sie die Vorleserin beim Krippenspiel am Heiligabend war. Genau dann musste ihr Vater die Kirche verlassen und zu einem Einsatz fahren. »Das ist nun Mal unsere Pflicht bei der Feuerwehr«, sagt sie, ohne zu hadern. »Wir sind eben für die Allgemeinheit da«.

Und so geht sie mit Freude zu den Übungseinsätzen und guckt genau hin, wenn es wieder neues technisches Wissen aufzusaugen gibt. »Wenn mir etwas guttut, dann mache ich es und schöpfe daraus Energie«, sagt sie mit Blick auf ihr Engagement. Und die braucht sie, denn ganz nebenbei studiert die Krankenschwester auch noch soziale Arbeit.

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