Menschen bei uns

Nadja Schulte hat klare Werte

, von Imke Kuhlmann

Nadja Schulte: »Für Pfadfinder öffnen sich immer die Türen.«

Reinbek – Nadja Schulte war acht Jahre alt, als sie in Reinbek zu den Pfadfindern kam. Heute ist sie 30 und noch immer voller Überzeugung dabei. 150 Mitglieder hat der Reinbeker Stamm Norwing, dem sie angehört. Schon ihr Vater und ihr Onkel waren dort Pfadfinder und weckten ihr Interesse. »Ich bin sehr naturverbunden aufgewachsen und das ist bis heute geblieben«, sagt sie. Eine gute Voraussetzung, wenn es darum geht, die Natur immer wieder hautnah zu erleben. Und Nadja Schulte hat noch weitere Gründe: »Die Leitlinien der Pfadfinder entsprechen den Grundsätzen, wie ich durchs Leben gehen möchte«, sagt sie. Hilfsbereitschaft, Respekt, Gemeinschaft, aber auch Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit gehören dazu.

Nadja Schulte ist zudem handwerklich begabt. »Mit meinem Vater habe ich schon als Kind Fahrräder repariert«. Das hilft nicht nur bei den Pfadfindern, das hat auch ihren beruflichen Weg geprägt. Heute ist die Mechatronikerin für große Maschinen verantwortlich und bei Körber Technologies für die technische Klärung von Fragen der Kunden verantwortlich. Nach dem Abitur war ihr klar, sie möchte praktisch arbeiten. Beim Tag der offenen Tür des Maschinenherstellers wusste sie sofort, hier wollte sie arbeiten. Sie schrieb ihre Bewerbung und wurde genommen. »Ich kann mir gut vorstellen, hier immer zu bleiben«, sagt sie. Für diese Aufgabe hat Schulte in der Abendschule eine Weiterbildung mit dem Abschluss »Bachelor of Technic Electronics« abgelegt. Über drei Jahre drückte sie dafür jeden Abend in der Woche die Schulbank. Für das Energiepaket Nadja Schulte kein großes Problem, zumal sie ihre Ziele nicht aus den Augen verliert.

Energie hat sie ebenso für die Aufgaben bei den Pfadfindern. Schon mit 14 Jahren war sie Gruppenleiterin und übernahm die Verantwortung für Kinder zwischen sechs und elf Jahren beispielsweise, wenn es auf Wochenendfahrten ging oder bei den wöchentlichen Treffen. »Eigentlich bin ich als Pfadfinderin inzwischen zu alt«, sagt sie. Doch auch auf ihre Generation warten eine Reihe von Aufgaben beispielsweise auf Landesebene. Doch ebenso im Stamm warten immer wieder Herausforderungen. Ende Oktober kam sie mit drei weiteren hauptverantwortlichen Pfadfindern ihrer Altersklasse aus Chile zurück. Mit 20 Reinbeker Kindern im Alter von 12 bis 17 Jahren hatten sie die dreiwöchige Fahrt unternommen, um in Chile Pfadfinder zu besuchen. Sie lebten in deren Familien, erlebten ein gemeinsames Wochenende in der Natur und unternahmen eine einwöchige Wanderung. Eine große Verantwortung, die sie auch spürte, die sie aber ebenso gern erfüllte. Sie habe die Erfahrung gemacht, dass sich für Pfadfinder immer die Türen öffnen. So manches Mal würden sie fälschlicherweise in die rechte Ecke gestellt, aber das ließe sich schnell aufklären. Der Stamm Norwing gehört zu dem größten interkonfessionellen Verband (BdP) und geht auf den Gründer Robert Baden Powell zurück. Bei ihnen sind alle Menschen willkommen, egal welcher Glaubensrichtung.

Ich habe hier Freunde fürs Leben gefunden, sagt sie. Und auch von der Welt habe sie durch die Pfadfinder einiges gesehen, ob England, Finnland, Estland, Polen oder bereits zum zweiten Mal Chile. »Bei den Pfadfindern komme ich runter, es ist wie ein »Reset«, so Schulte. So gäbe es beispielsweise bei Veranstaltungen kein Handy. Und dennoch koste es schon Kraft, die Kinder anzuleiten. Doch Nadja Schulte hat Spaß dabei: »Ich gebe das zurück, was ich als Kind bekommen habe«, sagt sie. Sie plane gern und habe schon in früheren Jahren zu schätzen gewusst, wie wertvoll es ist, diese Erfahrungen in frühen Jahren sammeln zu können. Die jungen Menschen können sich hier in einem sicheren Rahmen entfalten. Selbstorganisation und Selbstreflektion hätte sie bei der Bewegung gelernt und erfahren. Und sie findet hier Sicherheit. »Ich finde aus jedem Wald auch mitten in der Nacht heraus«, sagt sie stolz. Die Erlebnisse, die sie aus der Kindheit und Jugend mitgenommen habe, könne ihr niemand mehr nehmen. Und das Bewusstsein, so sein zu können, wie sie ist, wisse sie zu schätzen.

Freiheit ist überhaupt etwas, was sie liebt. Nach dem Abitur war die junge Frau drei Monate in Neuseeland unterwegs. Im Urlaub geht es immer mit dem selbst ausgebauten VW-Bus ans Mittelmeer. »Wenn ich ein Jahr nicht dort war, fehlt mir etwas«, so Schulte.

Sie ist immer offen für alles Neue, scheut das Unbekannte nicht. »Einfach versuchen«, ist ihr Lebensmotto aber genauso: »Warte nicht, bis der richtige Zeitpunkt kommt, tue es jetzt«. Darum hat sie auch als Kind alles ausprobiert, was ihre Neugierde hervorrief, ob Ballett, Hiphop oder Fußball. Beständig war allerdings nur die Mitgliedschaft bei den Pfadfindern und so schnell, scheint es, wird für sie damit noch nicht Schluss sein.

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